[Wo sind die stunden]

[437] C.H.v.H.


Wo sind die stunden

Der süssen zeit/

Da ich zu erst empfunden/

Wie deine lieblichkeit

Mich dir verbunden?

Sie sind verrauscht/ es bleibet doch dabey/

Daß alle lust vergänglich sey.
[437]

Das reine schertzen/

So mich ergetzt/

Und in dem tieffen hertzen

Sein merckmahl eingesetzt/

Läst mich in schmertzen/

Du hast mir mehr als deutlich kund gethan/

Daß freundlichkeit nicht anckern kan.


Das angedencken

Der zucker-lust/

Will mich in angst versencken.

Es will verdammte kost

Uns zeitlich kräncken/

Was man geschmeckt/ und nicht mehr schmecken soll/

Ist freuden-leer und jammer-voll.


Empfangne küsse/

Ambrirter safft/

Verbleibt nicht lange süsse/

Und kommt von aller krafft;

Verrauschte flüsse

Erquicken nicht. Was unsern geist erfreut/

Entspringt aus gegenwärtigkeit.


Ich schwamm in freude/

Der liebe hand

Spann mir ein kleid von seide/

Das blat hat sich gewand/

Ich geh' im leide/

Ich wein' itzund/ daß lieb und sonnenschein

Stets voller angst und wolcken seyn.


Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 437-438.
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