[Was wiltu Doris machen]

[384] C.H.v.H.


Was wiltu Doris machen/

Brich deinen stoltzen geist;

Diß was du schönheit heist/

Sind blumen-gleiche sachen/

Die unbeständig sind/

Und fliehen wie der wind.
[385]

Es wird auff deinen wangen

Nicht steter frühling seyn.

Es weicht der sternen schein/

Als wie der blumen prangen.

Die zeit so alles bricht/

Schont auch des leibes nicht.


Was ist der schönheit gläntzen/

Als ein geschwinder blitz?

Sein zubereiter sitz

Besteht in engen gräntzen.

Kein fluß verrauscht so bald/

Als schönheit und gestalt.


Was heute purpur träget/

Und alabaster führt:.

Was sich mit rosen ziert/

Wird morgen hingeleget/

Und ruhet ungeacht

In seiner todes-nacht.


Nun Doris lerne kennen/

Was falscher hochmuth sey/

Bleib nicht alleine frey/

Laß deine jugend brennen/

Und laß der liebe glut

Durchwandern hertz und blut.


Gebrauche deine schätze/

Weil blut und blüte siegt.

Wann dich die zeit betriegt/

So trennet auch das netze/

So vormahls um dich hieng/

Und manche seele fieng.
[386]

So du dich selbst kanst lieben/

So nimm die warnung an/

Die ich dir itzt gethan.

Ich werde mich betrüben/

So diese rose stirbt

Und ohne lust verdirbt.


Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 384-387.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte aus Neukirchs Anthologie, Bd. 1
Gedichte Aus Neukirchs Anthologie Band 1 (Paperback)(German) - Common