[Climene/ prüfe fleisch und blut]

[417] Climene/ prüfe fleisch und blut/

Und straffe meine liebes-glut/

Nicht nach der schwäche deiner flammen;

Mein feuer kömmt aus Adams schooß/

Darein der himmel selber floß;

Wie kan dein menschlich hertz doch meine glut verdammen.


Du bist/ wie Eva/ fleisch und bein/

Drum kanstu auch kein engel seyn/

Und ausser menschen dich verlieben/

Und das gesetze der natur/

Das mit dem athem in uns fuhr/

Hat auch in deine brust: seyd fruchtbar; eingeschrieben.


Wer sich in stiller glut verbrennt/

Und menschen-liebe sünde nennt/

Muß auch das paradieß verdammen;[417]

Denn Evens weisse marmel-haut

War kaum aus knochen auffgebaut/

So fühlte Adams hertz schon süsse liebes-flammen.


Climene/ drum bedencke dich/

Du kanst hier ohne dornen-stich

Die schönsten zucker-rosen brechen.

Ein mensch muß wie die ärtzte seyn/

Und eher nicht von todtes-pein/

Als von der lebens-krafft der starcken öle sprechen.


Schau/ meine seele schmeltzt in mir/

Und alle glieder folgen dir/

Gleich wie die blumen ihrer sonnen;

Bist du mir nun mein sonnen-schein/

So laß mich deine blume seyn/

Biß meine wurtzel grund in deinem schooß gewonnen.


Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 417-418.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte aus Neukirchs Anthologie, Bd. 1
Gedichte Aus Neukirchs Anthologie Band 1 (Paperback)(German) - Common